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Was Markenentwicklung wirklich braucht: Design Systeme

Design Systeme
Lesezeit: 3 Minuten

Mit den gestiegenen Anforderungen an eine umfassende Markenführung – insbesondere im digitalen Raum – entwickeln sich auch die Tools, die Markenverantwortliche bei ihrer Arbeit unterstützen. Nach der Digitalisierung klassischer Standards wie Styleguides und Brandbooks braucht das Brand Management technologische Unterstützung zur Bewältigung seiner Aufgaben. Design Systeme bieten sich an, um alle am kontinuierlichen Verbesserungsprozess Beteiligten zu unterstützen. Doch hier geht es nicht nur um das Aufspielen neuer Software oder die Definition von Designprinzipien, sondern auch um Change Management.

Die Aufgabenvervielfältigung braucht Werkzeuge

Wir wissen es alle: Die Markenarbeit wird immer komplexer, schon allein, weil die Anzahl der Kommunikationskanäle und Präsenzformen immer vielfältiger wird. Neben den klassischen Medien explodieren insbesondere die digitalen Kanäle und deren Kommunikationsformate. Dazu rücken verstärkt weitere markenrelevante Themen ins Visier, die noch vor nicht allzu langer Zeit in der Gesamtkommunikation untergeordnete Rollen spielten. Employer Branding, die Berichterstattung nach ESG (Environmental, Social, Governance), Social-Media-Aktivitäten oder das Zusammenspiel von interner und externer Kommunikation können hier als Beispiele genannt werden. Herausforderungen, die sich durch die Pandemie der letzten Jahre ergeben haben, wie etwa das dezentrale Arbeiten ohne die schnelle Abstimmung über den Schreibtisch, kommen noch obendrauf. Auch die Anzahl der Beteiligten an den unterschiedlichen Kommunikationsprozessen wächst durch diese Aufgabenvervielfältigung. 

Die gute Nachricht: Die uns zur Verfügung stehenden Technologien entwickeln sich, um uns in Hinblick auf Arbeitsteilung, Entwicklungsgeschwindigkeit und Effizienz zu unterstützen. Sie helfen uns dabei, Aufgaben zu erledigen, für die man früher unglaublich viel Zeit brauchte. Werkzeuge zur Erstellung von Design Systemen, ob von großen Anbietern wie Adobe, Figma, Sketch oder auch selbst entwickelte Lösungen, sind deshalb nicht nur auf dem Vormarsch; sie werden zwingend notwendig, um zukünftige Anforderungen an das strategische Brand Management überhaupt noch erfüllen zu können. 

 


»Gut implementiert und eingeführt, sind Design Systeme echte Effizienztreiber.«


 

Eigentlich gibt es keine formale Definition für den Begriff Design System. Kein Wunder, denn bei einem Design System handelt es sich ja letztendlich um einen systemischen Ansatz, der mit Werkzeugen unterstützt alle relevanten Inhalte für webbasierte oder digitale Touchpoints auf beste Weise bereitstellt. Ein Design System verbindet die Sichtweisen des Brand und Marketingmanagements mit denen derer, die sich verantwortlich um Interface Design, UI-Design, UX-Konzeption, Programmierung sowie Produkt- und Unternehmensentwicklung kümmern. Ging es früher nur darum, für Gestalter eine funktionale Ablage für Styleguides zu schaffen, um Designregeln wie Branding, Farben, Typen und weitere Bausteine zugänglich zu machen, sind Design Systeme heute lebendige Netzwerke. Komponentenbibliotheken, Motion- und Code-Usage-Guidelines, UX-Toolkits, Pattern Libraries – alles, was für die Markenarbeit notwendig ist, ist auch Teil des Systems. In dieser digitalen Werkstatt liegen die Baustoffe, die Werkzeuge und Pläne für alles, was gebraucht wird, um die Marke am Leben zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Gut implementiert und eingeführt, sind Design Systeme echte Effizienztreiber. Alle für das Design notwendigen Informationen und Materialien sind direkt zugänglich. Änderungen und Weiterentwicklungen an den Standards für das Design werden zentral vorgenommen. Jedes Team kann auf die gleichen Technologien, Elemente und Muster zugreifen. Vorlagen für Gestaltungsformate, aber auch Code-Bausteine für die Programmierung von Websites, Apps und Prototypen stehen wie im Selbstbedienungslager zur Verfügung. Das erleichtert, organisiert und vereinheitlicht die Arbeit aller Beteiligten. Zudem können Workspaces für die agile und kollaborative Arbeit sowie Test-Umgebungen angedockt werden. Der Aufwand für das Rapid Prototyping von Kommunikationsmaterialien, Medien oder schnell zu erstellende Anwendungen sinkt dadurch enorm und es wird sehr viel Zeit gespart.

 


»Design Systeme vereinfachen es, Marken besser zu verstehen und schneller in ihrem Sinne zu kommunizieren.«


 

Eine weitere, sehr schöne Entwicklung ist zu betrachten. Der Open-Source-Gedanke setzt sich durch. Lagen Corporate-Materialien bislang passwortgeschützt auf nur intern zugänglichen Servern, legen große Marken wie Merck, Audi, IBM oder Union Investment ihre Design Systeme offen. Der dahinterliegende Gedanke ist einfach: Wenn so viele Menschen Gestaltungselemente für die Markenarbeit brauchen, dann sollten sie den einfachsten Zugang zu den offiziellen und aktuellen Materialien bekommen. Wir sprechen also von einer markenrelevanten Barrierefreiheit. Wenn dringend eine Landingpage erstellt werden soll, muss verhindert werden, dass sich Mitarbeiter Logos oder Bildmaterial bei Google besorgen. Design Systeme ermöglichen eine effizientere Zusammenarbeit. Sie vereinfachen es, Marken besser zu verstehen und schneller in ihrem Sinne zu arbeiten und zu kommunizieren.

Wie man überhaupt anfängt, ein Design System einzuführen, ist immer individuell zu ermitteln. Ist man nicht gerade ein Start-up, das auf der grünen Wiese beginnt, muss man nach einer Lösung suchen, die zur Marke und ihren Aktivitäten passt. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, wenn ein Scale Up bevorsteht, wenn zukünftig mehr Teams zusammenarbeiten sollen, es mehr Produkte, mehr Kommunikationsaufgaben, sprich mehr Arbeit geben wird. Ein Audit der bestehenden Marke mit ihren Produkten und Benutzeroberflächen ist dann der erste Schritt. Auch der Bestand an Maßnahmen und Werkzeugen, die bereits im Einsatz sind, gehört geprüft. Auf Basis dieser Analyse werden die Aufgaben und Anforderungen der beteiligten Teams für das System ermittelt. Wie auch in der agilen Software-Entwicklung kann man ganz klein mit dem MVP (Minimum Viable Product), also einer ersten überschaubaren, aber funktionalen Variante beginnen. Zum Beispiel erst das Corporate Design, dann die Bibliotheken für von Vielen genutzte Komponenten, dann der weitere Ausbau – ganz nach Bedarf. Damit das Design System kein Selbstzweck bleibt, muss es auch gelebt werden. Denn nur, wenn es unternehmensweit genutzt wird und die teamübergreifende Zusammenarbeit tatsächlich erleichtert, wird es sich durchsetzen.

Auch das stimmt: Das Aufsetzen und Instandhalten eines Design Systems kostet Zeit und Geld. Gerade anfänglich wirkt der Aufwand hoch im Vergleich zu den unmittelbaren Vorteilen. Da es auf längere Sicht aber auch einen immensen Effizienzzuwachs bringt, der den Kosten-Nutzen-Einsatz rechtfertigt, lohnt sich die Investition allemal. Die eingangs erwähnte Steigerung der Komplexität und Aufgabenvielfalt verändert unsere Arbeit. Dass dabei neue Rollen entstehen, wird aktuell augenfällig. Schon jetzt suchen die großen Marken nach Positionen, die es vor kurzer Zeit noch gar nicht gab, wie zum Beispiel »Head of Design System« oder »Director Brand and Design Systems«. Für die neue Welt der Zusammenarbeit brauchen wir eben neue Denk- und Arbeitsmodelle, die das Cross-Funktionale in den Fokus stellen. Design Systeme werden uns dabei helfen.

Anita Lüder-Bugiel

Anita Lüder-Bugiel

Presse